Er wurde vom Satan in Versuchung geführt und die Engel dienten ihm

Liebe Geschwister der Menschheitsfamilie, liebe Schwestern, liebe Brüder

Wahrscheinlich überrascht euch diese ungewohnte Anrede. Sie will zum Ausdruck bringen, was wir Evangelium nennen. Deswegen habe ich mich dafür entschieden.
Die Versuchung, die am Anfang der Menschheitsgeschichte steht, ist im Grunde dieselbe, in die Satan Jesus in der Wüste zu führen versuchte. Es ist das Misstrauen Gott und den Menschen gegenüber. Sie besteht darin, unsere Mitmenschen als Feinde, als Fremde, als Belästigung, als Gefahr, als Rivale zu betrachten. Das war aber nicht die Absicht Gottes bei der Erschaffung der Welt. Er wollte und will auch heute keine Feindschaft zwischen uns Menschen und auch nicht zwischen der Natur und den Menschen stiften. Mit dem Leben, dem Tod und der Auferstehung Jesu ist das Urprojekt Gottes für die Menschheit und für die Welt wiederhergestellt worden. Während der Fastenzeit bereiten wir uns darauf vor, diese Frohbotschaft von Neuem zu beherzigen und mit Wort und Tat zu bezeugen.

Das Evangelium Gottes, das Jesus verkündet, das Evangelium an das wir glauben dürfen, ist sehr einfach: «Das Reich Gottes ist nahe!» Wir sind dazu berufen, zu glauben und zu verkünden, dass die Welt und alles, was Gott geschaffen hat, durch und durch gut ist. Wir sollten uns von allen Vorstellungen der Rivalität, Trennung, des Krieges und des Kampfes zwischen den Menschen, den Völkern und den Nationen abwenden. Es geht um die Umkehr von der schädlichen Neigung, Barrieren, Grenzen, und Mauern zu errichten, hin zu der Überzeugung, einer weltumspannenden Geschwisterlichkeit. Wir sind alle – ausnahmslos – Kinder desselben Gottes. Der Regenbogen als Zeichen des ewigen Bundes zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und der Menschheit verblasst niemals. Wir sind als Christinnen und Christen Botschafterinnen und Botschafter dieser unbesiegbaren Zuversicht. «Die Zeit ist erfüllt». Gott ist uns nahe. Er bleibt uns immer nahe: unter allen Umständen, selbst unter den Unmöglichsten. Christus selbst wird durch seine Selbsthingabe zur rettenden Arche des neuen Bundes, in der es Platz für die ganze Menschheit gibt. Kehren wir also um und glauben wir an das Evangelium! Seien wir durch unser Leben Evangelium für unsere Welt.

Verbunden im Gebet mit den besten Segenswünschen grüsse ich Sie herzlich

Joseph Maria Bonnemain Bischof von Chur

Hinweis auf die liturgischen Texte:
Lesungen vom 1. Fastensonntag, Lesejahr B 1.
Lesung: Gen 9,8-15 2.
Lesung: 1 Petr 3,18-22
Evangelium: Mk 1,12-15